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Versicherungsmakler werden

Voraussetzungen und Wissenswertes für den Statuswechsel

Lesedauer: 9 Minuten, 12. November 2022

Der Schritt in die Maklerschaft kann ein Befreiungsschlag für Versicherungsvertreter sein, die unzufrieden mit ihrer Ausschließlichkeitsorganisation (AO) sind. Und auch für viele Vermittler im Strukturvertrieb ist die Vorstellung, selbstständiger Versicherungsmakler zu werden, eine attraktive Option. In diesem Blogbeitrag lesen Sie, welche Voraussetzungen Sie erfüllen müssen, um sich als Versicherungsmakler selbstständig zu machen und was Sie vor dem Schritt in die Unabhängigkeit sonst noch bedenken sollten.

Zahl der Ausschließlichkeitsvermittler sinkt

Der klassische Karriereweg in die Versicherungsbranche verläuft meist über eine Tätigkeit in der Ausschließlichkeit oder bei einem Finanzvertrieb. Nach wie vor ist der Großteil der in Deutschland registrierten Versicherungsvermittler an eine Gesellschaft gebunden oder als Mehrfachagent tätig. Doch längst nicht alle von ihnen sind in dieser Konstellation wirklich glücklich. Die Zahl der gebundenen Vermittler sinkt seit Jahren mehr oder minder stetig. Klar: Das Versicherungsunternehmen im Rücken nimmt Ausschließlichkeitsvermittlern einiges an Arbeit und Verantwortung ab. Gleichzeitig schränkt es sie aber auch stark ein. 

Wer sich mehr unternehmerische Freiheit wünscht und seine Kunden umfassender beraten möchte, stellt sich früher oder später die Frage, ob es nicht sinnvoller wäre, selbstständiger  Versicherungsmakler zu werden. Leichtfertig sollten Sie diese Entscheidung nicht treffen. Denn auch wenn Sie weiterhin Versicherungen vermitteln, bringt der Wechsel aus der Ausschließlichkeit in die freie Maklerschaft einige tiefgreifende Veränderungen mit sich.Genau die können jedoch dafür sorgen, dass Ihnen Ihr Beruf mehr Freude und Zufriedenheit bringt. Der Aufwand lohnt sich also.

Versicherungsmakler vs. Versicherungsvertreter: die Unterschiede

Die wohl grundlegendste Neuerung: Sie wechseln die Seiten! Als Versicherungsmakler handeln Sie ausschließlich im Interesse Ihrer Kunden, unabhängig von Versicherungsgesellschaften. Als Versicherungsvertreter – das sagt schon die Bezeichnung – vertreten Sie die Interessen des Versicherungsunternehmens. Und das führt immer wieder zu Interessenkonflikten bei der Beratung. Auf der einen Seite möchten Sie Ihre Kunden bestmöglich betreuen. Auf der anderen Seite müssen Sie die Produkte des Versicherers vermitteln – auch wenn diese nicht in jedem Fall die optimale Lösung für Ihren Kunden sind.

Was macht ein Versicherungsmakler?

Als Versicherungsmakler sind Ihre vorrangigen Aufgaben,

  • Kunden gut und umfassend beraten,
  • passende Produkte zu vermitteln,
  • bestehende Verträge zu prüfen und
  • Mandanten bei administrativen Vorgängen zu helfen.

Zu den Pflichten von Versicherungsmaklern gehört es auch, Kunden im Schadenfall dabei zu unterstützen, ihre Forderungen gegenüber dem Versicherer durchzusetzen. Denn anders als Versicherungsvertreter, die im Sinne des Produktgebers handeln müssen, sind Sie als unabhängiger Makler Ihren Kunden verpflichtet.

Hintergrundinfo: Das Sachverwalter-Urteil des BGH

Mit der sogenannten Sachverwalter-Entscheidung (Az. IVa ZR 190/83) hat der Bundesgerichtshof (BGH) 1985 eine Rechtsgrundlage bezüglich der Pflichten – und somit auch der Haftung bei Pflichtverletzungen – von Versicherungsmaklern geschaffen, die bis heute Bestand hat.

In seinem Urteil konstatierte das oberste deutsche Gericht, dass Versicherungsmakler als “treuhänderähnlicher Sachverwalter” ihrer Kunden agieren. Damit stellt der BGH die Tätigkeit eines Versicherungsmaklers auf eine Stufe mit anderen beratenden Berufen wie etwa Anwälten oder Steuerberatern.

Die Aufgaben eines Versicherungsmaklers sind also deutlich umfangreicher als die eines Versicherungsvertreters. Dementsprechend müssen strengere Zugangsvoraussetzungen erfüllt werden. Mehr dazu lesen Sie im folgenden Abschnitt. 

Einen entscheidenden Unterschied gibt es auch in Sachen Haftung. Sie kennen den Spruch, dass Versicherungsmakler immer mit einem Bein im Gefängnis stehen. So dramatisch ist es in der Praxis jedoch nicht. Zudem gibt es auch noch die Vermögensschadenhaftplichtversicherung, die Makler finanziell absichert. Fakt ist jedoch: Versicherungsmakler können für etwaige Beratungsfehler haftbar gemacht werden und sie tragen die Beweislast. Gebundene Vermittler hingegen stehen unter dem Haftungsdach der Gesellschaft, für die sie arbeiten. Das sollte Ihnen bewusst sein, wenn Sie sich mit dem Gedanken tragen, die Ausschließlichkeit an den Nagel zu hängen, um Versicherungsmakler zu werden.

Mehr zum Thema Vermittlerhaftung erfahren Sie in diesem Blogbeitrag.

Voraussetzungen für die Zulassung als Versicherungsmakler

Unabhängige Vermittler tragen große Verantwortung. Daher müssen sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen, nämlich:

  • persönliche Zuverlässigkeit
  • geordnete Vermögensverhältnisse
  • fachliche Qualifikation
  • Absicherung durch eine Berufshaftpflicht

Wer selbständiger Versicherungsmakler werden möchte, benötigt eine Erlaubnis nach § 34d Gewerbeordnung (GewO) und muss sich ins Versicherungsvermittlerregister der IHK eintragen lassen. Wenn Sie bereits eine Erlaubnis als Versicherungsvertreter besitzen, müssen Sie eine Statusänderung zum Versicherungsmakler vornehmen lassen. Denn der Vermittlertyp ist in der Erlaubnis angegeben: Sie wird entweder als Versicherungsmakler ODER als Versicherungsvertreter erteilt.

Um sicherzustellen, dass die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind, verlangt die zuständige Handelskammer neben dem Antragsformular folgende Unterlagen:

  1.  Behördliches Führungszeugnis 
  2.  Auskunft aus dem Gewerbezentralregister
  3.  Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis
  4.  Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts
  5.  Nachweis einer bestehenden Berufshaftpflichtversicherung
  6.  ggf. Kopie der Gewerbeanmeldung oder Handelsregisterauszug bei juristischen Personen
Die einzureichenden Unterlagen dürfen in der Regel nicht älter als drei Monate sein. Bei Negativeinträgen im Führungszeugnis oder im Gewerbezentralregister wird geprüft, ob die Zuverlässigkeitsvoraussetzungen zur Versicherungsvermittlung dennoch gegeben sind. Wenn es in den fünf Jahren vor Antragstellung allerdings eine rechtskräftige Verurteilung wegen Diebstahl, Unterschlagung, Erpressung, Betrug, Untreue, Geldwäsche, Urkundenfälschung, Hehlerei, Wucher oder einer Insolvenzstraftat gab, wird üblicherweise keine Zulassung als Versicherungsmakler erteilt.

Für die Berufshaftpflicht gelten einige gesetzliche Vorgaben. Es gilt beispielsweise eine Mindestversicherungssumme und sie muss “echte” Vermögensschäden abdecken. Zudem gibt es sinnvolle Deckungsbausteine, die Sie einschließen sollten. Mehr darüber erfahren Sie in unserem Blogbeitrag zum Thema Vermögensschadenhaftpflichtversicherung für Makler.

Sachkundenachweis: Wer darf Versicherungen vermitteln?

Wer als freier Versicherungsmakler tätig sein will, benötigt entsprechende fachliche Qualifikationen. Diese müssen Sie für die Zulassung belegen. Da es keinen standardisierten Weg gibt, wie man Versicherungsmakler wird, können Fachkenntnisse auf unterschiedliche Arten nachgewiesen werden. Akzeptiert werden unter anderem:

  • Sachkundeprüfung als Versicherungsfachmann/-frau IHK (seit 2018 offiziell: Fachmann/-frau für Versicherungsvermittlung IHK)
  • abgeschlossene Berufsausbildung als Versicherungskaufmann/-frau (seit 2022: Kaufmann/-frau für Versicherungen und Finanzanlagen
  • Weiterbildung zum Fachwirt/in für Versicherungen und Finanzen

Zudem gibt es diverse Sonderregelungen, etwa für Quereinsteiger aus verwandten Berufen und Hochschulabsolventen mit praktischer Berufserfahrung in der Versicherungsvermittlung, zum Beispiel in einem Finanzvertrieb. 

Kosten für die Zulassung als Versicherungsmakler

Die Handelskammern erheben für die Bearbeitung des Antrags auf Erlaubnis nach § 34d GewO und die Registrierung Gebühren im dreistelligen Bereich. Die exakten Kosten erfragen Sie bitte bei der zuständigen IHK, es gibt keine bundesweite Regelung. Im Folgenden geben wir Ihnen einen groben Richtwert. (Stand: Oktober 2021).

  • Bei der IHK München und Oberbayern werden für die Prüfung der Zugangsvoraussetzungen und die Erteilung der Erlaubnis 425 Euro fällig plus 55 Euro für die Registrierung. 
  • Bei der IHK Hamburg liegt die Gebühr für das Erlaubnisverfahren abhängig vom jeweiligen Aufwand bei 250 bis 320 Euro zuzüglich 60 Euro für die Registrierung.

Hinzu kommen Ausgaben für die einzureichenden Unterlagen. Hier können Sie mit rund 200 Euro rechnen.

Sollten Sie die IHK-Sachkundeprüfung für Versicherungsgsfachleute ablegen müssen, fallen dafür – je nach Gebührenordnung der zuständigen Kammer – Kosten zwischen 300 und 433 Euro an. (Stand: Oktober 2023)

Zwillinge mit unterschiedlichen Outfits

Auch wenn sich die Tätigkeiten prinzipiell ähneln: Es gibt einige gravierende Unterschiede zwischen Versicherungsmaklern und Vermittlern. Copyright: westend61, Envato Elements.

Gründlich abwägen: Vorteile und Nachteile der Maklerschaft

Es gibt gewichtige Argumente, die dafür sprechen, unabhängiger Versicherungsmakler zu werden: Mehr Freiheit, keine Produktbindung, größere Konkurrenzfähigkeit und dazu im Regelfall auch bessere Vergütungen als in der Ausschließlichkeit oder im Strukturvertrieb. Doch die Unabhängigkeit hat auch ihre Kehrseite – nämlich mehr Verantwortung und damit einhergehend auch zusätzliche Aufgaben. Dessen sollten Sie sich vor dem Statuswechsel bewusst sein und sich selbstkritisch fragen, ob Sie dazu bereit sind.

Überblick über die wichtigsten Vor- und Nachteile der beiden Vertriebsmodelle*

Versicherungsmakler

Ausschließlichkeitsvertreter

Vorteile:

+ Bessere Vergütung

+ Objektive Beratung ohne Interessenskonflikte

+ Unternehmerische Freiheit ohne Umsatzvorgabe

+ Größere Produktauswahl

+ Rechte am eigenen Bestand

Vorteile:

+ Produktwissen für überschaubares Portfolio erforderlich

+ Versicherungskonzern stellt verschiedene Hilfsmittel, z. B. Software, Marketingmaßnahmen

+ geringeres Haftungsrisiko, da unter dem Haftungsdach der Gesellschaft

Nachteile:

Kontinuierlicher Marktüberblick erforderlich

Höheres Haftungsrisiko durch die Verpflichtung gegenüber dem Kunden (kann z. T. auf einen Versicherer übertragen werden) 

Unternehmensorganisation, Marketing, Akquise etc. müssen eigenverantwortlich gestemmt werden.


Nachteile:

Rechte am Bestand liegen beim Versicherer (bzw. Vertrieb)

Potenzial für Interessenskonflikte durch eingeschränkte Produktauswahl  

Entscheidungen der Gesellschaft sind bindend, auch wenn sie nicht im Sinne des Vermittlers sind.

Wettbewerbsfähigkeit stark abhängig von Produkten der Gesellschaft

* Abweichungen je nach rechtlicher Ausgestaltung möglich

Selbstverständlich gibt es Mittel und Wege, die Maklern helfen, diese berufstypischen Herausforderungen zu bewältigen. Eine ausgeklügelte, smarte Maklersoftware mit integrierten Vergleichsrechnern unterstützt beispielsweise auch bei der Büroorganisation und sorgt für Produktüberblick. Eine gute Vermögensschadenhaftpflichtversicherung sorgt für mehr Sicherheit in Haftungsfragen. Und für manchen Makler stellen sich vermeintliche Nachteile als handfeste Vorteile heraus. Etwa wenn die Weiterbildungspflicht sie beruflich einen bedeutenden Schritt voranbringt oder eigene Werbemaßnahmen spürbar mehr bringen als die Konzernkampagnen.

Bestand beim Wechsel aus der Ausschließlichkeit

Was mit dem über die Jahre in der Ausschließlichkeit aufgebauten Bestand passiert, ist wohl DIE zentrale Frage für Versicherungsvertreter vor dem Statuswechsel. Klar ist: Rechtlich gesehen gehört der Bestand der Gesellschaft. Wenn Versicherungsvertreter Makler werden, fällt daher die Bestandsprovision weg. Fakt ist aber auch: Haben Sie Ihre Kunden in der Ausschließlichkeit gut betreut, werden sie Ihnen wahrscheinlich treu bleiben. Und daher bereit sein, das bisherige Versicherungsunternehmen mit Ihnen zu verlassen. 

Versicherer berufen sich häufig auf Respektierungsgrundsätze und Wettbewerbsrichtlinien, um die Abwanderung von Versicherungsnehmern zu verhindern. Für Makler sind diese jedoch nur bindend, wenn sie im Vertretervertrag explizit festgehalten sind. Meist lässt sich der Versicherungsschutz Ihrer Kunden bei einem anderen Anbieter deutlich verbessern. Und als Makler sind Sie verpflichtet, Ihre Kunden auf sinnvolle Alternativen hinzuweisen. Grundsätzlich stehen solche Respektierungsgrundsätze und Wettbewerbsrichtlinien in Widerspruch zu dem Grundsatz des freien Wettbewerbs. Deshalb haben Versicherer häufig keine rechtliche Handhabe, um gegen den Bestandsabgang vorzugehen. Wenn Sie unsicher sind, ob Sie Ihre Kunden mitnehmen dürfen, sprechen Sie uns gerne an, wir beraten Sie gerne.

Ausführliche Informationen zum Thema Kunden mitnehmen und Wettbewerbsverbot finden Sie in diesem Blogbeitrag.

Fazit:

  • Versicherungsmakler stehen auf der Seite des Kunden, während Ausschließlichkeitsvermittler im Sinne ihrer Versicherungsgesellschaft handeln. Tätigkeitsschwerpunkt von Maklern ist es, Kunden umfassend zu beraten und optimale Produkte zu finden.
  • Versicherungsmakler ist ein erlaubnispflichtiger Beruf, für den bestimmte Zugangsvoraussetzungen gelten.
  • Fachliche Qualifikationen sind Pflicht; es gibt verschiedene Möglichkeiten, entsprechende Sachkunde nachzuweisen.
  • Wer über einen Wechsel aus der Ausschließlichkeit oder dem Versicherungsvertrieb in die Maklerschaft nachdenkt, sollte Vor- und Nachteile gründlich abwägen.
  • Bei einem Wechsel verbleibt der Bestand bei der Gesellschaft. In vielen Fällen sind aber Verbesserung des Versicherungsschutzes bei anderen Anbietern möglich.
Zum Autor

DEMV-Maklerbetreuer Tom SchmidtTom Schmidt ist Versicherungskaufmann und seit 2019 Maklerbetreuer beim Deutschen Maklerverbund. Er hat zahlreiche Vermittler beim Start mit dem DEMV begleitet – und viele von ihnen zugleich auch bei ihren ersten Schritten als unabhängige Versicherungsmakler. Er kennt nicht nur die Herausforderungen für Gründer in der Branche, sondern auch jede Menge Tipps für den beruflichen Einsatz von Social Media.

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