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Dürfen Handelsvertreter Kunden mitnehmen
Regeln des WettbewerbsrechtsLesedauer: 5 Minuten, 21. März 2020
Das Wettbewerbsrecht erlaubt auch systematische Ansätze, um Kunden von der eigenen Dienstleistung zu überzeugen. Entscheidend ist, ob der Kontakt zum Kunden mit unlauteren Mitteln verschafft wurde.
Allgemein
In der Versicherungsbranche arbeiten Ausschließlichkeitsvermittler oder Mitarbeiter in Vertrieben im Regelfall als Handelsvertreter. § 84 HGB bildet die Grundlage für die angestellten und die freiberuflichen Handelsvertreter.
Trennen sich der Handelsvertreter und der Arbeitgeber, gibt es häufig Streit darüber, wem die Kundenkontakte gehören. Insbesondere in der Versicherungsbranche ist der Kontakt zum Kunden der wesentliche Unternehmenswert.
Sind Sie Ausschließlichkeitsvermittler oder Handelsvertreter nach § 84 HGB in einem Vertrieb? Prüfen Sie zunächst, ob in Ihrem Arbeitsvertrag ein Wettbewerbsverbot steht. Dieses ist meistens nicht der Fall, da das Unternehmen dem Handelsvertreter für die Dauer des Wettbewerbsrechts eine angemessene Entschädigung zahlen müsste (§ 90a HGB).
Es liegt kein Wettbewerbsverbot vor: das ist erlaubt
Laut Bundesgerichtshof ist es ausdrücklich erlaubt, alle während der Tätigkeit erlangten Kenntnisse und Daten zu nutzen, die dem Handelsvertreter im Gedächtnis geblieben sind (I ZR 47/61, I ZR 2/97, I ZR 153/99 und I ZR 28/06). Dabei dürfen auch externe Quellen genutzt werden, die öffentlich zugänglich sind und zu denen der Handelsvertreter befugt ist. Achtung: Der Bundesgerichtshof hat die zu verwendenden Quellen, die genutzt werden dürfen, stark eingeschränkt. So hat das Arbeitsgericht Hamburg geurteilt, dass Xing-Kontakte nicht genutzt werden dürfen, da diese Geschäftsgeheimnisse sind (29 Ga 2/13). Eine Quelle darf nicht genutzt werden, sofern die Daten während der Arbeitszeit aufgebaut wurden – auch wenn dies zu privaten Zwecken erfolgte. Nutzen Sie hingegen nach dem Ende der Beschäftigung ein Telefonbuch oder die sozialen Medien, um Kundenprofile, die Ihnen im Gedächtnis geblieben sind, zu vervollständigen, so ist dies erlaubt.
Sinnvollerweise dokumentieren Sie für den Fall eines Rechtsstreits die Herkunft der Kundendaten.
Es liegt kein Wettbewerbsverbot vor: das ist nicht erlaubt
Sie sind als Handelsvertreter tätig und Ausschließlichkeitsvermittler oder Mitarbeiter in einem Vertrieb. Sie wollen sich selbständig machen oder das Unternehmen wechseln. Der §17 Abs. 2 UWG, der die Mitnahme von Kundendaten oder Kundenlisten verboten hat, da diese Geschäftsgeheimnisse darstellen, wurde durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/943 zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung im April 2019 aufgehoben.
Wichtig: Wirft Ihnen Ihr bisheriger Arbeitgeber vor, Kundendaten entwendet zu haben, so ist dieser in der Beweispflicht. Dies stellt sich in der Praxis häufig als schwierig heraus.
Unsere Empfehlung
Dokumentieren Sie, wie der Kontakt zu den Kunden zustande gekommen ist, sofern Sie diese bereits bei dem bisherigen Arbeitgeber betreut haben. Nimmt beispielsweise der Kunde direkt Kontakt zu Ihnen auf, dann lassen Sie sich das vom Kunden schriftlich bestätigen.
Aufhebungsvertrag
Sofern Unternehmen und Handelsvertreter getrennte Wege gehen wollen, wird häufig ein Aufhebungsvertrag geschlossen. So kann die vereinbarte Kündigungsfrist reduziert werden. Der Aufhebungsvertrag ist für das Unternehmen mindestens genauso wichtig wie für Sie:
Ein gekündigter Handelsvertreter bringt Unruhe in den Geschäftsbetrieb. Das Unternehmen hat die berechtigte Sorge, dass auch weitere Handelsvertreter das Unternehmen verlassen.
Der Handelsvertreter hat unter bestimmten Voraussetzungen Abfindungsansprüche, sofern dieses nicht vertraglich geregelt wird. Diese Abfindung kann bis zu einer Jahresprovision betragen (§ 89b HGB).
Unterschreiben Sie also nicht vorschnell, sondern überlegen Sie gut, ob der Aufhebungsvertrag Ihre künftigen beruflichen Erfolge einschränkt.
Zum Autor
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